Pudelwohlblog

Immer für eine Überraschung gut

„Das hat er ja noch nie gemacht…“

Also warum Frauchen mir das antut… Anscheinend hat sie heute keine Lust, was Neues zu schreiben, da gräbt sie eine alte Geschichte aus. Okay, okay. Vielleicht war es wirklich nicht so ganz in Ordnung, was ich da gemacht habe. Aber hätte da nicht einfach der Mantel des Schweigens drüber bleiben können? Ist doch seitdem auch nie wieder vorgekommen. 

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Hundetalk

Auf dem Hundeplatz, beim Pudelklub oder auch einfach so in Wald und Feld unterwegs treffe ich ja durchaus mal den einen oder anderen Hund mit Herrchen oder Frauchen im Schlepptau. Die Zusammentreffen sind dabei mehr oder weniger angenehm. Klappt es mit den Hunden, dann funktioniert es meist auch mit den Menschen und umgekehrt.

Die Gespräche drehen sich dann (ähnlich wie bei Kindern) oft darum, was der eigene Hund schon alles kann, was er für gesundheitliche Probleme hat, was er demnächst so lernen soll, wie er „ausgelastet“ wird, aber eben auch über das, was gar nicht funktioniert.

Da hörte ich in den letzten fünf Jahren von zerstörten Blumenbeeten, gehorteten Socken, die niemand mehr aus dem Korb herausnehmen kann, von zerklüfteten Sofas, besetzten Sesseln und anderen hundetypischen Unarten.

Und irgendwie schien es sehr ungewöhnlich zu sein, dass ich mit keiner „Lucky-hat-mir-das-und-das-kaputt-gemacht-aber-ich-hab-ihn-trotzdem-lieb“-Geschichte aufwarten konnte.

„Ist halt ein Pudel“, dachte ich, „zu intelligent für diesen ganzen Blödsinn“. Und insgeheim dachte ich natürlich auch, dass ich meinen Job als Frauchen offensichtlich ganz gut mache.

Öfter mal was Neues

Seit wenigen Tagen ist Lucky fünf Jahre alt. Das bedeutet für einen Pudel, dass er erwachsen ist, dass die Erziehung sitzt, dass eventuelle Unarten ausgemerzt, sowie die Kämpfe der Jugend ausgekämpft sind. Es bedeutet aber auch, dass der Hund sich zwar so ziemlich auf dem Gipfel seiner Kräfte befindet, er aber gleichzeitig eine gewisse Gelassenheit gegenüber Außenreizen an den Tag gelegt hat. So dachte ich zumindest bis zum heutigen Tag.

Während ich in der Küche bin und dort so spannende Dinge erledige, wie Spülmaschine ausräumen, fällt mir auf, dass der Hund jetzt für seine Verhältnisse doch schon recht lange allein im Garten ist. Das macht er eigentlich nicht so gern, er ist ja lieber da, wo seine Familie sich aufhält. Also schau ich doch lieber mal nach ihm.

Ich geh zur Tür, guck in den Garten und traue meinen Augen kaum: Der Hund steht im Gras und buddelt ein Loch! Irgendwie kann ich gar nicht glauben, was ich da sehe. Und erstmal finde ich es sogar ganz witzig. „He, Lucky! Was hast du denn in deiner Jugend versäumt?“ geht es mir durch den Kopf und ich muss unwillkürlich an Männer jenseits der fünfzig denken, die plötzlich das Motorradfahren für sich entdecken. Hier wie da bin ich unentschlossen, wie ich das finden soll. Deshalb gucke ich ihm erst mal einfach ein bisschen zu. „Naja, wenn er das braucht“ denke ich mild gestimmt. „Ist ja an einer Stelle, wo es gar nicht sooo stört…“.

 

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Pudel oder Maulwurf?

Die weitere Entwicklung gefällt mir dann aber nicht mehr. Es wird irgendwie doch etwas viel, was da passiert: Lucky buddelt nicht mehr nur, er wirkt völlig besessen von seinen Grabungsarbeiten. Er beißt sogar in die Grasnarbe, um Stücke herauszubekommen und spuckt diese neben dem Loch wieder aus. Also davon habe ich noch nie gehört. Ist ausgerechnet mein Hund bei einem Maulwurf in die Lehre gegangen?

Sein Verhalten wird immer fanatisch-konzentrierter: Buddeln, Schnauben, Beißen, Spucken, Knurren, Fiepen, Seufzen, dann wieder alles von vorn. Mittlerweile ist das Loch so tief, dass sein ganzer Kopf darin verschwindet. Er trifft auf dicke Wurzeln und Steine, es geht eigentlich nicht weiter, das macht ihn wahnsinnig. Ich habe Angst um seine Zähne und Krallen, will den Hund da wegholen. Aber nix zu machen. Rufen hilft nicht, mit der Futterdose rasseln hilft nicht, die Leckerchen-Schublade aufziehen hilft nicht und auch das Öffnen der Kühlschranktür bleibt wirkungslos. Also gut. Geh’ ich halt raus und hole ihn rein. Damit ich ihn nehmen kann, versuche ich, ihn ein bisschen von dem Loch wegzudrängen. Und da passiert es: Er schnappt nach meinen Schuh! Ich fasse es nicht. „Das hat er ja noch nie gemacht“, geht es mir durch den Kopf und gleichzeitig höre ich leise Martin Rütter kichern, denn „das sagen sie alle“. Ist aber so. WIRKLICH. In einem solchen Zustand habe ich meinen Hund noch nie gesehen. Was befindet sich unter der Erde? Was macht den Hund so kirre? Und hätte er im Fall des Falles auch nach meinem Fuß…?

Jetzt guck ich noch mal genauer hin. Kann aber nichts sehen, außer einem erdigen Loch. Ob es nun mutig ist, oder einfach naiv, weiß ich nicht, auf jeden Fall versuche ich sogar, in das Loch hineinzufühlen. Gelingt mir auch. Der Hund lässt meine Hand gewähren, auch wenn er sichtlich verärgert ist. Außer Wurzeln, Steinen und Erde fühle ich nichts.

Der Spuk ist vorbei

Dann ändert sich sein Verhalten: Er legt sich neben dem Loch ab und hechelt, als ob er einen Halbmarathon hinter sich gebracht hätte. Er fängt an zu fiepen und zu winseln, guckt mich an, als sei es nun meine Aufgabe, ihm zu helfen. Aber das kann ich nicht, denn ich verstehe leider von dieser ganzen Aktion nur Bahnhof.

Plötzlich ist der ganze Spuk vorbei. Der Hund steht auf, geht rein und verdreckt mir den Flur. Er trinkt seinen ganzen Wassernapf auf einmal aus, lässt sich dann anstandslos baden und abtrocknen. Legt sich in sein Körbchen und schläft. Später geht er an diesem Loch vorbei, als habe er nichts damit zu tun.

Ich bleibe für heute ratlos zurück. Aber immerhin habe ich jetzt eine „Lucky-hat-mir-ein-Loch-in-den-Rasen-gebuddelt-und-nach-meinem-Schuh-geschnappt-aber-ich-hab-ihn-trotzdem-lieb“-Geschichte.

4 Kommentare

  • Ich bin fest überzeugt, dass Pudel Fantasie haben. Vielleicht stellte er sich vor, da wäre eine gefährliche Maus oder hatte schlecht geträumt? Merlin-Pudel buddelt allenfalls nach Mäusen und das verbiete ich ihm.

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  • Pascal

    Sehr schön geschrieben, wie immer!
    Gut zu lesen, nicht zu kurz und man verliert auch nicht nach der Hälfte des Artikels das Interesse. Also schon mal deutlich besser als die Bild-„Zeitung“!

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    • Frauchen von Lucky

      Besser, als die BILD?!? Wenn das nicht mal ein Kompliment ist… (Wir sprechen ja nicht von Inhalten, oder?)

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